Stan Sakai über den Genpei-Krieg

 

Der Genpei-Krieg (auch als „Großer Japanischer Bürgerkrieg“ bezeichnet) dauerte von 1180 bis 1185 und hat seinen Namen von der chinesischen Lesart der beiden einander bekriegenden Klanverbände, den Genji (Minamoto) und den Heike (Taira).

 

Die Taira kontrollierten den Westen des Landes und den Kaiserhof, während die Minamoto die Herren des Ostens waren. Im Jahr 1156 hatten die Minamoto gegen die Taira rebelliert, waren aber schnell besiegt und in der Folgezeit fast vollständig ausgerottet worden. Nur ein paar Minamoto-Jungen konnten entkommen, die sich, als sie zu Männern herangewachsen waren, daran machten, ihre Verwandten zu rächen. Im Jahr 1180 wurde aus zahlreichen kleineren Scharmützeln dann ein vollständiger Krieg. Der Anführer des Minamoto-Klans war Yoritomo. Sein Widersacher auf Seiten der Taira war der Großvater des Kaisers, Kiyomoro. Als Kiyomoro 1181 an einem Fieber starb, folgte ihm sein inkompetenter Sohn Munemori nach, über den seine eigene Mutter das Gerücht verbreitete, er sei kein wahrer Taira, sondern der Sohn eines Schirmhändlers.

 

1182 gelang es Yoritomos Cousin Minamoto Kiso no Yoshinaka, die Stadt Kyoto, den Sitz des Kaiserhofs einzunehmen. Yoshinaka machte sich zum Shogun („Militärherrscher“), was Yoritomo gegen ihn aufbrachte, der seinen jüngeren Halbbruder Yoshitsune gegen Kyoto marschieren ließ, um sich die Hauptstadt zu sichern. Nach seiner Niederlage konnte Yoshinaka mit seiner Frau Tomoe Gozen und ein paar Getreuen entkommen. Sie gerieten in einen Hinterhalt und es ist überliefert, dass Yoshinaka zwar sich selbst umbrachte, seiner Frau aber verbot, sich das Leben zu nehmen. Sie tötete daraufhin einige der Angreifer und flüchtete in einen Tempel, um Nonne zu werden.

 

Während ihre Feinde sich untereinander bekriegten, flüchteten die Taira nach Süden. In ihrer Begleitung befand sich der achtjährige Antoku-tennō. Yoshitsune setzte ihnen nach, bis sie sich schließlich bei Dan-no-Ura zur Entscheidungsschlacht stellten. Es gibt widersprüchliche Angaben zum Ablauf dieser Schlacht. So herrscht zum Beispiel keine Einigkeit darüber, an welchem Tag sie stattgefunden hat, zu welcher Tageszeit und wie alt der tennō denn nun genau gewesen ist.

 

Eine Schlacht zur See hat sich nicht wesentlich von einem Waffengang an Land unterschieden – jedenfalls wurde mit den Schiffen nicht besonders manövriert und eine Marinestrategie gab es auch nicht. Die Schiffe selbst waren requirierte Fähren oder Fischerboote, die gebraucht wurden, um die feindlichen Armeen einander erst auf Bogenschussweite anzunähern und später die auch an Land üblichen Schwertkämpfe zu ermöglichen. Wie viele Schiffe und Boote vor Dan-no-Ura tatsächlich mitkämpften, ist unter Fachläuten höchst umstritten: Einige sagen, es seien weniger als fünfzehnhundert gewesen, andere gehen von über 4000 aus.

 

Taira Munemori war der jüngere „Sohn“ Kiyomoris. Er wurde unvorhergesehener Weise zum Oberhaupt des Klans, nachdem Shigemori, der fähigere ältere Sohn, 1179 im Alter von nur 41 Jahren verstorben war. Munemori wurde zusammen mit seinem Sohn Kiyomune bei Dan-no-Ura gefangen genommen und später bei Shinowara hingerichtet.

 

Munemoris fähigster General, Taira Tomomori, kämpfte heldenhaft, doch nachdem er von der Gefangennahme seines Herrn erfahren hatte, legte er sich eine zweite, zusätzliche Rüstung an und sprang ins Meer. Viele Feldherren und Gefolgsleute der Taira taten es ihm gleich.

 

Den Ausschlag für die Niederlage der Taira vor Dan-no-Ura soll ein Seitenwechsel des Fürsten Taguchi Shigeyoshi gegeben haben. Dieser Verrat kam nicht unerwartet. Seine Treue als Gefolgsmann war angezweifelt worden, nachdem sein Sohn, der von den Minamoto gefangen genommen worden war, zu ihnen übergelaufen war und seither seinen Vater bedrängt hatte, es ihm gleichzutun. Shigeyoshi entsprach aber nicht einfach nur dem Wunsch seines Sohnes, er wählte auch noch den für die Taira katastrophalsten Augenblick, um die Seiten zu wechseln.

 

Im Jahr 1192 wurde Yoritomo zum Shogun ausgerufen. Er machte mit der Festigung seiner Herrschaft weiter und beendete damit die Heian-Zeit. Mit der nun folgenden Kamakura-Zeit begann die Dominanz der Militärherrscher gegenüber dem Kaiserhaus, die bis zur Meiji-Restauration 1868 andauern sollte. Nachfolger des Antoku-tennō wurde der Go-Toba-tennō (1180-1239), sein jüngerer Bruder.